In unserem Auktionshaus in Essen Bredeney haben Sie nun die Möglichkeit Kunst und Kultur neben Auktionen oder dem musealen Raum kennen zu lernen. Wir freuen uns daher ganz besonders, mit Heinrich Siepmann, Mari Prete und Nike Seifert, ein breites Spektrum der Zeitgenössischen Kunst in unseren ersten drei Ausstellungen präsentieren zu dürfen.
Heinrich Siepmann – 10. März bis 10. April 2023
Heinrich Siepmann wurde 1904 in Mülheim an der Ruhr geboren, studierte an der Folkwang Universität der Künste in Essen und setze sich mit der damaligen Künstlergruppe „Junger Westen“ für die Kunst ein. Somit wurde er in unserem Hause als absolut prädestinierter erster Künstler gewählt, dem wir eine Ausstellung widmen.
Siepmann gehört zur sogenannten zweiten Generation des Konstruktivismus. Während Künstler wie Kasimir Malewitsch oder Piet Mondrian als Wegbereiter und Hauptvertreter des Konstruktivismus zu nennen sind, „bewegt sich das Werk von Siepmann innerhalb dieser einmal gesetzten Grenzen. Darin aber entwickelt er eine sehr originäre Bildsprache, die nicht zuletzt durch das deutsche Informel, wozu er in einer Werkphase einen wichtigen Beitrag geleistet hat, geprägt ist. Sensualität und Intellekt, Emotion und Kalkül verbinden sich auf eine Weise, die dem Konstruktivismus und der Malerei eine neue und sehr eigene Qualität abgewinnt.“
– Heinrich Siepmann. Monographie. Werkverzeichnis der Gemälde, Hrsg. v. Ferdinand Ullrich, mit Texten von: Uli Bohnen, Sabine Fehlemann, Siegfried Gnichwitz, Eugen Gomringer, Anette Müller-Held, Uwe Obier, Karl Ruhrberg, Heiner Stachelhaus, Jürgen Wißmann, Kerber Verlag, Bielefeld, 1999.
Durch das Oeuvre ist die Entwicklung des Künstlers deutlich zu erkennen: Die ersten Werke zeigen seine Umwelt und Industrielandschaften. In den folgenden Jahrzehnten erarbeitet er eine eigene Formensprache und bewegt sich über Stillleben und Kompositionen hin zur unfigürlichen Malerei. Bis zur präzisen Bildgestaltung, die seinen Werkkanon bestimmen sollte. Dabei überdenkt Siepmann die gesetzten Rahmen, Formen, ihre Anordnungen, die Farbflächen, Linienführungen und die dadurch entstehende Wirkung des Bildes. Essenzielle Elemente von Form, Farbe, Licht und Raum werden allesamt in jedem einzelnen Werk des Künstlers ausgelotet, um seine individuelle Vision von Raum und Zeit mit den allgemeingültigen Prinzipien konkreter geometrischer Kunst zu verbinden.
Für den Künstler bestand die Faszination eines Bildes darin, dass es Räume erschließt, zum Fenster wird. Damit folgt Siepmann im 20. Jahrhundert der langen kunsthistorischen und gestalterischen Tradition, in der Kunst immer auch ein Fenster zur Welt ist.
Mari Prete – 1. Mai bis 15. Juni 2023
Mari Prete ist eine junge, herausragende Künstlerin, die sich seit den frühen 2000er Jahren auf die Kunst der Fotografie spezialisiert. Geboren und aufgewachsen in Armenien, hat sie das Studium für Theater und Film an der staatlichen Universität Yerevan abgeschlossen. Heute lebt und arbeitet die international agierende Künstlerin in Europa.
In den präsentierten Arbeiten der Werkgruppe „Flower Portraits“ wird ein tatsächliches Portrait einer Blume erschaffen, ganz in traditioneller Manier der menschlichen Portraitmalerei oder –fotografie vor oftmals monochromen oder leicht changierenden Hintergründen. Dabei handelt es sich jedoch keineswegs um Fotomontagen, die beschönigen, idealisieren, entfremden oder verzerren sollen. Die Essenz der Motive bildet sich aus alltäglichen Gegebenheiten und natürlichen Prozessen, die in Komposition, Form- und Farbgebung, Licht- und Schatten, sowie Tiefenwirkung bereits zu Beginn jeder Macro-Fotografie gesetzt sind.
Es sind One-Shot-Arbeiten, die lediglich ein Touch-up erhalten, um die jeweiligen Charakteristika des Sujets auf sachte Weise hervorzuheben – ganz entsprechend der hochwertigen Qualität der endgültigen Werke.
Geradezu experimentell geht die Künstlerin auf die eigenen Werke ein und übersetzt dabei Elemente anderer Gattungen in ihrer Fotografie. So lässt sich beispielsweise in der Baransicht ‚Good Times‘ bei genauerer Betrachtung erkennen, dass Mari Prete die Technik der „Peinture en grisaille“, in der Grautöne miteinander harmonieren bis sie in feinster Malerei Gestein oder gar Marmor imitieren, aufnimmt. Die malerische Lasurtechnik, in der hauchdünne Farbschichten übereinander aufgetragen werden, wurde bereits zur Erschaffung mittelalterlicher Altäre, in musealen Werken der Renaissance und niederländischen Meisterwerken genutzt.
Die Werke der Künstlerin helfen den eigenen Blick zu schärfen, um die Schönheit auch in kleinen Momenten, kleinen Dingen, wie einer fast gänzlich verwelkten Blüte, wahrzunehmen. Um auf persönliche Weise für sich interpretieren zu können und selbständig zu verstehen, dass es Dinge auf der Welt gibt, für die es sich zu leben lohnt. Denn, wie oft wir Menschen es auch versuchen, so ist das Leben letztendlich nicht planbar und auch nicht vorhersehbar. Weshalb ein konstruiertes Bild nie eine solche Kraft in sich tragen könnte, wie eines, das aus dem natürlichen (kunsthistorisch gesprochen „fruchtbaren“) Moment heraus entstanden ist.
Es sind einfache, klare und dabei so tiefgreifende, berührende und lebendige Motive, die dem Betrachter die verschiedensten Aspekte des Lebens aufzeigen: Lebensfreude, Liebe, Selbstachtung, Zuversicht, Schönheit und vieles mehr. Mari Prete hat durch ihre Arbeit eine zeitgemäße und leichte Form gefunden, in der eben dieser von Freiheit durchdrungene Prozess – der die Kunst ausmacht – zu finden ist.
Nike Seifert – 1. Juli bis 20. August 2023
Nike Seifert wurde 1970 geboren und war nach ihrer Lehre als Vergolderin tätig. Seit 2012 ist sie freie Künstlerin, was wohl nicht nur ihren Berufsstand, sondern auch die Umsetzung ihres Berufs beschreibt: Beim Malen ist sie frei und lässt sich frei von ihren Werken leiten, spürt ihnen nach und erreicht nach spontanen Anläufen, Verwerfungen, Übermalungen und damit einhergehenden neuen Entscheidungen während des Schaffensprozesses das finale Werk. Bekannt wurde die Kölner Künstlerin durch polychrome Bemalung ihrer Leinwände, die schichtweise aufgetragen, abgetragen, eingerissen und wiederum mit Lack überzogen werden, bis sie sich zu farbschweren Tafeln entwickeln.
Schwer sind sie, da sie jede „Um- Entscheidung“ die das Bild zu dem machen, was es schlussendlich ist, in sich tragen. Dabei geht Nike Seifert jedes Mal mit dem Werk in einen Dialog, versucht Eigenschaften und Werkcharakteristika hervorzuheben, die das Gemälde ausmachen.
Als Künstlerin ist sie motiviert, sich neu auszuprobieren und zu wachsen. Damit folgt Nike Seifert der künstlerischen Tradition des „Sich neu Erfindens“. Um dieses Vorhaben zu konkretisieren hat sich Nike Seifert in die Meisterklasse des weltbekannten Prof. Markus Lüpertz begeben. Nach über 3 Jahren hat sie das Studium an der Akademie der Bildenden Künste Kolbermoor nun ganz aktuell als Meisterschülerin abgeschlossen und ihr Diplom entgegengenommen. Als Künstlerin möchte sie sich auf neue Techniken, Methoden und Fügungen einlassen. Sie arbeitet mit Pigmenten, mit Lack, mit Malermessern, mit Pinseln, mit den eigenen Händen und versucht sich dabei selbst neue Wege zu eröffnen.
„Mehr figürlich, gegenständlich, mehr mit Pinsel, mehr malerisch“, so beschreibt sie selbst den Unterschied. Klassische Übungen der Malerei trainieren das Gespür für Raum und Licht. Räume entstehen, Stillleben werden ausgeweitet. So hat sich beispielsweise die Tierwelt als klassisches Bildthema für sie geöffnet. Ein Motiv, das in der Kunstgeschichte durchweg bekannt ist und nun auf solch atmosphärische Weise in ihrem Oeuvre dargeboten wird. Die Atmosphäre entsteht durch die Verbindung mit ihrer bereits bekannten Malweise. Der lasierende Farbauftrag, die Tiefe der Bilder, die Übermalungen, all dies lässt sich nach wie vor bei ihr finden.
Weiterhin kämpft sie sich auch durch die abstrakten Werke, für die man sie kennt. Risse, Krater, Formen, Struktur, Farbe, all dies kommt in den verschiedenen Formaten zusammen. Immer wieder in Verbindung zur Natur, zu Bäumen, zu selbst erlebten Situationen. Geradezu symbolhafte Elemente der Natur von Erde, Feuer, Luft und Wasser sind in ihren Werken durch abstrakte Baumrinden, Vulkane und Eisschollen zu erkennen. Sodass der Titel Napoli dieser kräftigen gelben Malerei ganz an die Wärme der Sonne, den Sommer und saftige Zitronen der Amalfiküste erinnern.
Wesentlich scheint dabei ein gewisses Gespür, eine Feinsinnigkeit, Mut und eine Offenheit den Werken gegenüber, die sie durch ihre Methode selbst beweist.