Zu sehen ist eine zentral positionierte junge Frau, die ihren zu Seite geneigten Kopf mit den Armen umrahmt. Ihr dunkles Haar bindet sie mit ihrem nachtblauen Tuch, welches sie über ihre Schulter fallen lässt, zurück. Ihr Gesicht ist frei, die Lider sind gesenkt und ihre Lippen betont. Pechstein trug auch hier die für ihn typische Farbpalette mit grobem Pinsel auf. Bis auf den braun-rötlichen Streifen an der rechten Bildseite, geht der Vorder- und Hintergrund des Bildes mit blau-grünlichen und ockerfarbenen Tönen nahezu ineinander über. Doch gelingt ihm durch bewegten Duktus dabei einerseits die Belebung seines Modells, andererseits überträgt sich die schwermütige Atmosphäre des Bildes auf den Betrachter und zieht diesen in seinen Bann.
Wer könnte die schöne Unbekannte sein, die Max Pechstein in seinem 1910 erschaffenen Werk portraitiert? Handelt es sich etwa um „Lotte“ (Charlotte) Kaprolat (1893–1955), die Pechstein 1908 im Atelier seines Künstlerkollegen Georg Kolbe kennenlernte und später heiratete? Zeitlich würde es passen, da Lotte in den Jahren 1909-1920 als sein beliebtestes Modell häufig in seinem Oeuvre zu finden ist. Es wäre eine frühe Arbeit zu Beginn der Liebesbeziehung. Des Weiteren passt es auch zu dem bereits im Werkverzeichnis aufgenommenen Ölgemälde Schwermuth, 1910/71 und der dazu vergleichenden Abbildung der Skizze einer Postkarte an Curt Glaser von 1912. Diese entspricht ebenfalls dem Holzschnitt Schwermuth von 1912, welcher im Werkverzeichnis von Günter Krüger (unter der WVZ-Nummer H 158) zu finden ist.
Sie sehen, kunsthistorische Arbeit ist zu einem großen Teil auch Detektivarbeit. Wir freuen uns sehr, Ihnen nach ausgiebiger Überprüfung diese exzellente künstlerische Leistung Pechsteins offerieren zu dürfen.
Max Pechstein, ‚Schwermuth‘, 1910, Öl auf Leinwand 66 x 67cm (monogrammiert, datiert, verso signiert, betitelt)
Limitpreis: auf Anfrage