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Otto Dix

'Frauenkopf' (Kopf einer Dirne), Aquarell und Tusche auf Papier, 1925, 39,5 cm x 30 cm Blattmaß, signiert, verso 'Frauenkopf unverkäuflich' bezeichnet, Bleistiftskizze, Halbfigur eines Mannes und Säule, Maße ca. 14,5 cm x 17 cm, leicht gewellt, Papier an den Seiten minimal berieben, verso Montierungsrückstände

  • Limitpreis: € 18.000
  • Erzieltes Ergebnis: € 41.250

Beschreibung

Provenienz: Hauswedell & Nolte 1975; Ketterer 1978; Hauswedell & Nolte 1979; Privatsammlung Hannover (auf Anfrage)

Literatur:

Barton, Brigid S.: Otto Dix and Die neue Sachlichkeit 1918-1925, Michigan 1981, S. 151, VIII B9.

Wvz. Pfäffle, Suse: Otto Dix. Werkverzeichnis der Aquarelle und Gouachen, Stuttgart 1991, S. 204, Nr. A 1925/7.

Ausstellungskataloge:

Kunstsalon Wolfsberg: Sonder-Ausstellung Otto Dix, Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Graphik, Zürich 1929, Nr. 32.

Galerie Nierendorf: Otto Dix, Bilder, Aquarelle, Zeichnungen, Das Graphische Gesamtwerk 1913-1960, Berlin 1961, Nr. 58, Abb. S. 13.

Galerie Klihm: Otto Dix, Aquarelle, Zeichnungen, Radierungen 1920-1927, München 1970, Nr. 23.

Goethe-Institut: Otto Dix, Aquarelles, Dessins, Paris 1970, Nr. 39.

Museum Folkwang: Otto Dix, Aquarelle, Zeichnungen, Radierfolge „Der Krieg“, Essen 1971/72, Nr. 122.

Gallerie Giulia, Goethe Institut, Biblioteca Germanica: Otto Dix, acquerelli, disegni, incisioni, Rom 1972, Nr. 122.

Galerie Herzog im Pferdestall: Otto Dix, Wien 1974, Nr. 92.

"Die Idee des Bildes ist, die Prostitution in ihrer ganzen grauenhaften und entmenschenden Wirkung wahrheitsgemäß darzustellen, als gesellschaftliches Übel zu geißeln und ihre für Körper und Geist verheerenden Folgen überzeugend zu schildern." (Otto Dix in einer Einlassung vor Gericht 1923, zit. n.: Schmidt, Diether: Otto Dix im Selbstbildnis, Berlin 1981, S. 202.)

Otto Dix zählt zu den bedeutendsten deutschen Malern und Grafikern des 20. Jahrhunderts. Bereits in seiner Schulzeit wurde sein künstlerisches Talent erkannt und gefördert. Nach seinem Stipendium an der Kunstgewerbeschule in Dresden von 1910 bis 1914 meldete Dix sich freiwillig zum Kriegsdienst und setzte nachfolgend sein Studium dort fort. 1919 begründete Dix die "Dresdner Sezession – Gruppe 1919" mit, lernte ein Jahr später George Grosz kennen und nahm an der "Ersten Internationalen Dada-Messe" in Berlin teil. Im Jahr 1922 reihte er sich als Meisterschüler an der Düsseldorfer Kunstakademie in die Avantgarde um die Galeristin Johanna Ey ("Mutter Ey") ein, und schloss sich der Künstlergruppe „Das Junge Rheinland“ an. 1924 trat er der „Berliner Sezession“ bei. In den 1920er Jahren entwickelte Dix in seinen Werken eine zunehmend realistischere Darstellungsweise mit der er den Alltag und den Menschen schonungslos verbildlicht und so kritisch die sozialen und menschlichen Folgeerscheinungen des Krieges thematisiert. Von den Nationalsozialisten diffamiert, verlor Dix seine Professur an der Kunstakademie in Dresden. Er widmet sich der Landschaftsmalerei und allegorischen Themen, konnte aber in seinen Werken nie mehr die Kraft aus den 1920er Jahren erreichen.

Otto Dix war wie George Grosz als Maler des gesellschaftlichen Lebens in den Metropolen unweigerlich auch mit dem Problem der Prostitution konfrontiert. Stellten Prostituierte, in seinen Bildern meist als Dirnen bezeichnet, doch eine zwar gesellschaftlich geächtete, aber sozial relevante Gruppe gerade in den Nachkriegsjahren während der Weimarer Republik dar. Dix, der in den 1920er Jahren in deutschen Metropolen lebte, hatte entsprechend Gelegenheit, die Milieus kennenzulernen. Auffallend ist, dass Dix Bildnisse von Müttern und Ehefrauen als schöne Frauen auffasste, Prostituierte bei ihm hingegen hässlich, verlebt, ausgemergelt und stark geschminkt erscheinen. Der „Frauenkopf“ zeigt unbarmherzig genau eine eckige, knochige, kantige Gestalt, das Gesicht ist unter der weißen Schminke mit viel aufgetragenem Wangenrouge, Lippenstift und Lidschatten zur Maske erstarrt. Das ungekämmte, strähnig um das Gesicht herabwallende Haar, die niedrige Stirn, das vortretende Kinn und die überbetonte dicke Lippen geben dem Antlitz etwas Urmenschliches oder Animalisches. Dix zielt mit seinem Sujet der Dirne auf eine Enttabuisierung des Geschlechtlichen. Das Interesse des Künstlers an diesem Motiv entspringt seiner eigenen Triebhaftigkeit, so malt Dix seine eigenen Erfahrungen und nicht bloß Objekte. Er verurteilt seine Modelle nicht, sondern macht sie als neue gesellschaftliche Klasse sichtbar, was dem bürgerlichen Publikum, das er als geheimen Nutznießer der sozialen Situation ausmacht, als Provokation erscheinen musste. So verwundert es nicht, dass Galeristen und Museumdirektoren wie Ludwig Justi und Gustav Friedrich Hartlaub diese Bilder nicht ausstellen wollten. 1923 musste Dix sich wegen dieser anstößigen Bilder sogar vor Gericht verantworten.